1988: Die Ausstellung

Im Jahr 1838 nahm bekanntermaßen die Berlin-Potsdamer Eisenbahn ihren Betrieb auf. Dies war (drei Jahre nach der Eröffnung der Strecke zwischen Nürnberg und Fürth) die erste Eisenbahn auf preußischem Boden.

Hundertfünfzig Jahre später war die Situation der Eisenbahn in Berlin noch durch die historische Kuriosität der Teilung geprägt. Es war daher für die Ausrichter des Jubiläums im Jahr 1988 kein leichtes Unterfangen, eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen, die nicht von vornherein den Charakter des Provinziellen tragen würde. Dass es gleichwohl möglich wurde, der Öffentlichkeit eine bemerkenswerte Fahrzeugschau aus 150 Jahren (besser: 153 — denn auch der "Adler" war mit von der Partie) Eisenbahngeschichte zu präsentieren, war dem Zusammenwirken vieler Beteiligter zu danken. Unter Federführung des Bezirksamts Zehlendorf und der BVG, die damals das Gelände des Güterbahnhofs Zehlendorf für Zwecke der S-Bahn nutzte, nahmen immerhin die Deutsche Bundesbahn, das Verkehrsmuseum Nürnberg, das damalige Verkehrsmuseum Berlin (heute Deutsches Technikmuseum Berlin), einige Berliner Privatbahnen und die in Berlin ansäs­sigen Museumsbahn-Vereine teil.

Dass die Deutsche Reichsbahn diese Veranstaltung nicht mit geeigneten Exponaten bestücken, sondern sie ignorieren würde, war im damals geteilten Berlin nicht schwer vorherzusagen. Natür­lich hat die Deutsche Reichsbahn die ihr obliegenden Transport­aufgaben wahrgenommen und die Aus­stellungs­stücke an den Ort des Geschehens befördert, so auch unseren "Museums­güterzug".

Die Lauffähigkeitsbescheinigung für unsere Lokomotive

Bei der AG Märkische Kleinbahn war mit Blick auf diese Veran­stal­tung ziel­ge­rich­tet am Abschluss der Haupt­unter­su­chung der Loko­motive MKB 01 und an der Fertig­stel­lung des Güter­wagens MKB 21 gearbeitet worden.
Auch der Kleinwagen MKB 61, den wir 1986 als Geschenk von der Zeh­len­dor­fer Eisen­bahn erhal­ten hatten, war recht­zeitig für die Aus­stel­lung "wie neu" restau­riert worden.

Unsere weitgehend im Ablieferungszustand mustergültig aufgearbeitete Kleinlokomotive "Kö 0128" und der als "Stückgutwagen No 2" der Zehlendorfer Eisenbahn frisch wiederhergestellte Güterwagen machten sich auf eigenen Rädern (und der Kleinwagen als Ladegut im Güterwagen) am 20. Sep­tember 1988 auf die Reise über Berlin-Lichterfelde West und Berlin-Wannsee zum ehemaligen Güterbahnhof Berlin-Zehlendorf. Da die MKB erst 1989 die Berechtigung zur eigenen Betriebsführung erhielt, wurde die Fahrt im Schlepp einer V 60 der DR absolviert. Die erste Etappe brachten wir am Mittag des 20. September hinter uns, ab Wannsee nach Zehlendorf ging es dann per Nachtschicht gegen 1 Uhr - danach blieb auch nicht viel Ruhe, denn bereits am Vormittag erhielt das Publikum Einlass auf das Veranstaltungsgelände.

In den Tagen der Ausstellung vom 21. bis zum 26. Sep­tember waren während der Öffnungszeiten stets mehrere Mitglieder der MKB anwesend. Über mangelndes Publikumsinteresse hatten wir keine Minute zu klagen, denn ohne Zweifel war die Klein­loko­motive ein Augenschmaus. Und im Gegensatz zur Mehrzahl der anderen Schaus­tücke war sie mit ihrer eigent­lich unschein­baren Gestalt den meisten Besuchern eben nicht aus "Presse, Funk und Fern­sehen" bekannt, was die Neugier der staunenden Besucher durchaus förderte. Und als "Eisenbahn zum Anfassen" konnte sie auch überzeugen.

Unser Kleinwagen MKB 61 war bei alledem wohl das ideale Exponat, um dem Publikum anhand eines dort aufgestellten 1:32-Mo­dells eines preußischen Personenzuges und anderer Exponate Einblicke in die Zeit der Königlich Preußischen Eisenbahn zu vermitteln. Tatsächlich war der Kleinwagen die meiste Zeit von Besuchern umlagert, die sich gern etwas über die Geschichte der Eisenbahn (und Geschichten von der Eisenbahn) erzählen ließen.

Neben solch prächtigen Exponaten, wie es nicht nur die Lokomotive der ersten deutschen Eisenbahn "ADLER" und das "Bügeleisen" der SIEMENS-Güterbahn ohne Zweifel gewesen sind, machten die Kleinlok und unser Stückgutwagen eine hervorragende Figur.

Apropos Bügeleisen:
Diese als Rangierlokomotive mit ihrer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h erhaltene Hälfte einer ehemaligen preußischen Schnellfahr-Versuchslok hatte damals ihre aktive Zeit bei der gerade stillgelegten Siemens-Güterbahn beendet und rückte direkt nach dieser Ausstellung in den Lokschuppen des Berliner Verkehrsmuseums ein. (Wenige Monate später fand ebenfalls von der Siemens-Güterbahn die Motordraisine den Weg nach Schönow und hört seitdem auf den Namen "Fridolin".)

Die Ausstellung "150 Jahre Eisenbahn in Preußen" war für unsere Arbeitsgemeinschaft ein erster Prüfstein, denn hier zeigte sich, dass die Freude an der Eisenbahn und unser gemeinnütziger Auftrag eine gute Basis sind, um Herausforderungen zu bestehen. Alle Beteiligten stimmten darin überein, dass unsere Teilnahme an diesem ersten Großeinsatz die richtige Entscheidung für unsere Arbeitsgemeinschaft gewesen war.

In der Rückschau darf man getrost die damals gefühlte Stimmung unserer Mitglieder mit "stolz wie Bolle" bezeichnen, denn mit der Teilnahme an dieser Ausstellung gelang uns gewissermaßen der Schritt auf die "große Bühne", nachdem unser Domizil in Schönow bis dahin eher noch als ein Tipp für "Insider" gelten konnte.

Bericht und Fotos: Martin van der Veer